Frühjahrstagung des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes in Köln
Die hausarztzentrierte Versorgung (HZV) muss konsequent ausgebaut und langfristig gesichert werden. Dies haben die Delegierten des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes auf ihrer Frühjahrstagung am 9. und 10. Mai in Köln gefordert. „Mit der HZV kann die Politik bei der Umsetzung eines Primärarztsystems auf eine bundesweit etablierte und umfassend evaluierte Versorgungsform bauen, die den politischen Anforderungen bereits heute gerecht wird“, heißt es in einem einstimmig verabschiedeten Leitantrag. Die Frühjahrstagung zeigte einmal mehr, dass der Hausärztinnen- und Hausärzteverband mit seinen 18 Landesverbänden bei der Gestaltung der hausärztlichen Versorgung in Deutschland eine gewichtige Rolle spielt. Mit klaren Forderungen setzen die Delegierten ein starkes Signal für die Zukunft der Primärversorgung.
„Wir stehen vor einer riesigen Chance, unseren Beruf auf neue Beine zu stellen – diese Chance müssen wir nutzen“, so formulierten es Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier mit Blick auf den Koalitionsvertrag in ihrer Eröffnungsrede. Die HZV bleibe auf Erfolgskurs, sagten die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes: Mehr als zehn Millionen GKV-Versicherte seien bundesweit in Selektivverträge eingeschrieben, die sei ein klarer Beleg für die Leistungsfähigkeit und Effizienz dieses Systems. Buhlinger-Göpfarth und Beier betonten, dass die HZV bereits ein etabliertes Primärarztsystem ist, wie der Koalitionsvertrag vorsieht.

© HÄV / Felix Haller
Ein echtes Primärversorgungssystem setze voraus, dass Patientinnen und Patienten strukturiert durch das Versorgungssystem geführt werden, dass Versorgung aus einer Hand koordiniert wird und dass hausärztliche Verantwortung vertraglich und finanziell abgesichert ist, heißt es in dem Leitantrag. Diese Anforderungen ließen sich im kollektivvertraglichen System der Kassenärztlichen Vereinigungen in seiner derzeitigen Struktur nur mit massiven Reformen erfüllen: „Versuche, eine hausärztliche Primärversorgung innerhalb des KV-Systems zu etablieren, erfordern massive strukturelle und prozedurale Veränderungen in der Versorgungs- und Vergütungslogik des Kollektivvertrags – weil das System im Moment auf Gleichrangigkeit statt auf Koordination angelegt ist“, so der Antrag. Eine reine Überweisungssteuerung durch Hausärztinnen und Hausärzte, wie in der Regelversorgung, sei nicht ausreichend, um das System wirklich zu entlasten. Es bedürfe vielmehr einer echten hausärztlichen Koordinierung, wie sie in der HZV bereits definiert sei und stattfinde.
„Hausärztinnen und Hausärzte stehen bereit, Verantwortung zu übernehmen. Jetzt ist es am Gesetzgeber, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen“, so Buhlinger-Göpfarth und Beier.
Weitere Beschlüsse der Delegiertenversammlung
Vergütung und Bürokratieabbau
Die Delegiertenversammlung begrüßte die Einigung auf eine neue Gebührenordnung für Ärztinnen und Ärzte (GOÄ) und forderte deren zügige Umsetzung. Darüber hinaus wurde die praxisnahe Umsetzung der Entbudgetierung hausärztlicher Leistungen als entscheidender Schritt zur Sicherung der Versorgung hervorgehoben.
Nachwuchs und Niederlassung fördern
Die Sicherung des hausärztlichen Nachwuchses war ein weiterer Schwerpunkt. Die Delegierten forderten die zügige Umsetzung der Reform der Approbationsordnung sowie die Ausweitung der Landarztquote auf alle Bundesländer. Gleichzeitig wurde die Einzelpraxis als moderne, patientennahe und unverzichtbare Versorgungsform hervorgehoben, insbesondere für ländliche Regionen.
Digitalisierung vorantreiben
Die Delegierten forderten praxistaugliche Rahmenbedingungen für die Digitalisierung, darunter die Verbesserung der elektronischen Patientenakte (ePA), einheitliche Standards für digitale Einweiserportale und den Ausbau sektorenübergreifender Kommunikationslösungen.
Zukunftsfähige Versorgung sicherstellen
Die Delegierten sprachen sich für die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und die Förderung einer wohnortnahen Versorgung aus. Sie forderten zudem Maßnahmen zur Begrenzung des Einsatzes von Leasingkräften in Pflegeeinrichtungen sowie die Ausweitung des Zuschlags für „Klimaresiliente Versorgung“ auf alle HZV-Verträge. Der Zuschlag wurde vom HÄVBW entwickelt und wird in den Verträgen mit der AOK Baden-Württemberg und den Betriebskrankenkassen vergütet. Auch die Sicherstellung der Versorgung mit NPH-Insulinen wurde als dringendes Thema adressiert.
Wettbewerbsgleichheit herstellen
Die Delegierten fordern Ärztekammern, Kassenärztliche Vereinigungen und das Bundesministerium für Gesundheit auf, die Wettbewerbsgleichheit zwischen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) herzustellen. Die Regeln zur Berufsausübung hinsichtlich Wettbewerb und ärztlicher Werbung müssen gleichermaßen für alle in der ambulanten Versorgung tätigen Leistungserbringer gelten – unabhängig von der Niederlassungsform der Versorgungseinheit. Der Vorstand möge sich hierfür in seiner berufspolitischen Arbeit einsetzen.
Innovative Versorgung: HÄPPI und Facharztverträge
Das HÄPPI-Konzept, das auf interprofessionelle Teampraxen setzt, wurde als zukunftsweisendes Modell hervorgehoben. Die Delegierten forderten rechtliche und finanzielle Unterstützung, um die Zusammenarbeit mit nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen zu fördern. Zudem wurde die Einführung bundesweiter Hausarzt-Facharzt-Verträge gefordert, um die Mit- und Weiterbehandlung besser zu koordinieren und Doppeluntersuchungen zu vermeiden.
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